Dr. Medic. Henriette Lerner - Expertin für moderne Parodontologie und digitale Implantologie

In unserem neuesten Interview durften wir von Dr. Medic. Henriette Lerner von der HL DentClinic & Academy (Baden Baden) viel Neues über moderne Parodontologie und digitale Implantologie erfahren. Sie arbeitet mit ihrer Forschungsklinik HL Academy eng mit der Goethe-Universität Frankfurt zusammen. Nach ihrem Verständnis muss die Zahnmedizin durch die Digitalisierung neu definiert werden. In diese Richtung gehen ihre Forschungs- und Weiterbildungsaktivitäten. Viel Spaß beim Lesen!

Frau Dr Lerner, Sie sind Geschäftsführerin der HL DentClinic & Academy. Was ist Ihr persönliches Spezialgebiet?

Ich bin Zahnmedizinerin und habe eine Zusatzspezialisierung in Oralchirurgie und in Implantologie. Mein Behandlungsschwerpunkt liegt in der Implantologie und ästhetischen Zahnheilkunde. Seit etwa zehn Jahren bin ich sehr fokussiert auf die digitale Zahnmedizin, sowohl in der klinischen Arbeit, als auch in meiner Forschung und Lehrtätigkeit, unter anderem als Fachpräsidentin der Digital Dentistry Society International (DDS).

Worauf ist Ihre Klinik spezialisiert und wie ist Ihr Team aufgebaut?

Ich habe zwei weitere Zahnärztinnen in meinem Team. Eine Kollegin ist spezialisiert auf Endodontie und Prothetik und die Jüngste, meine Tochter, macht gerade ihren Master in Ästhetik. Wir lösen alle Fälle interdisziplinär. Außerdem habe ich ein eigenes Labor mit vier Mitarbeitern und drei Dentalhygienikerinnen. Wir decken gemeinsam das gesamte Spektrum der Zahnheilkunde ab.

Arbeiten Sie nach einer bestimmten Philosophie?

Jeder Mensch – unabhängig von Versicherung und Sozialstatus – soll von allen Errungenschaften der Zahnmedizin auf die eine oder andere Art und Weise profitieren dürfen. Mit dieser Philosophie bin ich vor 33 Jahren in diesen Beruf gestartet. Das gilt für mich heute noch. Egal ob Kassen- oder Privatpatient – ich möchte jedem Patienten hochwertige Behandlungen anbieten – also nicht nur das Notwendige, sondern das Bestmögliche.

Dr. Medic Henriette Lerner ist überzeugt von der digitalen Implantologie (Bildquelle: HL DentClinic)

Die digitale Implantologie und Oralchirurgie gehören zu Ihren persönlichen Spezialgebieten. Wo sehen Sie die größten Vorteile der Digitalisierung für Ihre Patienten?

Mein Wunsch war es schon immer, meinen Patienten das Ergebnis zu liefern, das ich versprochen und vorweg genommen habe. Die Technologien und Maßnahmen, die ich anwende, müssen ein voraussagbares Resultat haben. Dies trifft auf digitale Technologien zu. Eingriffe können präzise und minimal-invasiv durchgeführt werden.

Dies entspricht dem Wunsch des Patienten, dass Behandlungen schneller, sicherer sowie schmerzfreier werden. Deshalb habe ich mich mit meiner Klinik der digitalen Implantologie, Oralchirurgie und Zahnmedizin geöffnet. Wenn man einmal die Tür für diese Technologien aufgemacht hat, dann gibt es keinen Weg zurück. In diese Richtung geht auch meine Forschungsaktivität.

Welche Vorteile hat aus Ihrer Sicht die digitale, navigierte Implantologie?

Die Vorteile sind vielseitig. Mit der computersteuerten und schablongeführten Implantation wird das Implantat in eine absolut optimale Position gesetzt, ästhetisch und prothetisch in perfekter Länge und Breite. Die Schleimhaut wird nur durch einen minimalen Schnitt dort eröffnet, wo das Implantat eingeführt wird. Das ist die sicherste Methode überhaupt, mit Schonung der wichtigsten anatomischen Strukturen, die in nächster Nähe sind. Postoperativ gibt es wenig bis gar keine Komplikationen. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Implantatsetzung gibt es sehr viel weniger Hämatome, Schmerzen oder Blutungen. Komplikationen sind auf das Minimum zurückgestellt.

Inwiefern profitieren auch Kassenpatienten von der Digitalisierung?

Diese Technologien sind für alle Patienten gedacht, nicht nur für Privatpatienten. Zum Beispiel kann ein Abdruck durch einen Scan ersetzt werden, unabhängig davon, wie der Patient versichert ist. Nichtsdestotrotz gibt es weitere Leistungen wie beispielsweise eine 3D-Aufnahme, für die spezielle Indikationen notwendig sind. Eine 3D-Aufnahme ermöglicht eine bessere Diagnose und auch Planung – das sind zum Beispiel Leistungen, die eine private Zahnzusatzversicherung bezahlen könnte.

Die Vorteile der digitalen Implatationstechnologie sind sehr vielfältig für die Patienten der HL DentClinic. (Bildquelle: HL DentClinic)

Welche Gründe für ein Implantat begegnen Ihnen am häufigsten im Praxisalltag?

Ich denke, das ist ein bisschen klinikspezifisch. In meiner Klinik habe ich sehr viele Patienten mit parodontalbeschädigten Zähnen. Es handelt sich um parodontale Erkrankungen im letzten Stadion, in welchem die Zähne größtenteils gezogen werden müssen. Sehr viele dieser Patienten benötigen eine Kiefer-Rekonstruktion. Diese werden oftmals mit einer Kombination aus eigenen, erhaltungswürdigen Zähnen und zusätzlichen Implantaten gemacht. Das heißt, diejenigen Zähne, die nach einer langjährigen parodontalen oder endodontischen Behandlung erhaltungswürdig sind, werden mit einbezogen. Nicht mehr erhaltungswürdige Zähne werden entfernt und durch Implantate ersetzt.

Eine Kiefer-Rekonstruktion scheint ein massiver Eingriff für einen Parodontal-Patienten zu sein – sind diese langfristig erfolgversprechend?

Wir geben unseren Patienten 20 Jahre Garantie auf unsere Arbeit. Glücklicherweise wird die Parodontalbehandlung inzwischen von der Kasse übernommen. Nichtsdestotrotz gibt es weitere wirksame Maßnahmen, die für einen langfristigen Erfolg unabdingbar sind. Alle vier Monate erfolgt eine professionelle Zahnreinigung und einmal im Jahr wird eine laserbasierte so genannte photodynamische Therapie in Kombination mit einer sensorbasierten Okklusionskontrolle durchgeführt.

Werden diese Maßnahmen von der gesetzlichen Kasse übernommen?

Nein, weder die Dekontamination mit einer photodynamischen Therapie, noch der Einsatz von Wachstumsfaktoren, die vom Blut des Patienten isoliert werden. State-of-the-art ist inzwischen auch Ozon oder das Schmelzmatrixprotein EmdogainNichts davon wird von der Kasse übernommen, obwohl es bewährte Methoden sind. Diese Leistungen könnten Zahnzusatzversicherungen übernehmen.

Die HL DentClinic und Academy in Baden Baden. (Bildquelle: HL DentClinic)

Ein Patient benötigt aufgrund eines Unfalls einen Zahnersatz. Bitte schildern Sie die Vor- oder Nachteile eines Implantats, einer Brücke oder Prothese für die angrenzenden Zähne und für den Kiefer.

Wenn ein Patient mit einer Zahnlücke kommt und die anderen Zähne gesund sind, ist ein Implantat nicht nur die bessere Variante, das Implantat ist vielmehr das Mittel der Wahl, denn das Beschleifen gesunder Zähne ist eine Körperverletzung. Sind die Zähne durch Karies, Füllungen oder Kronen schon beschädigt, ist ein Implantat zwar nicht die absolute Indikation, aber die bessere. Dies liegt an den Halteelementen einer BrückeSie zerstören die Nachbarzähne. Ganz zu schweigen von der Belastung durch eine Klammerprothese.

Wie genau äußert sich diese Schädigung durch eine Brücke oder eine Klammerprothese?

Die Belastung auf die Nachbarzähne ist massiv. Der Knochen des fehlenden Zahns wird atrophieren (Atrophie = Knochenschwund des Kiefers). Allein im ersten Jahr eines Zahnverlusts geht man von einem durchschnittlichen Knochenverlust von 30 Prozent aus. Wird hingegen ein Implantat gesetzt, bewirken die Kaukräfte die Aufrechterhaltung der Knochenqualität und -quantität. Zusätzlich gibt es – anders als bei einer Versorgung mit einem Implantat – Druckstellen sowie ästhetische und hygienische Nachteile.

All diese Punkte sprechen gegen einen konventionellen Zahnersatz, egal ob herausnehmbar oder festsitzend. Wobei ein herausnehmbarer Zahnersatz große Nachteile im Lebenskomfort mit sich bringt. Die Klammerprothese, also die Regelleistung der gesetzlichen Kasse, ist gerade bei jungen Menschen eigentlich nicht mehr annehmbar. Heutzutage haben wir so viele Möglichkeiten, festen Zahnersatz zu machen. Ein herausnehmbarer Zahnersatz sollte die Ausnahmesituation sein. Das ist nicht mehr zeitgemäß.

Ästhetische Zahnheilkunde ist eines der Spezialgebiete der HL DentClinic Baden Baden (Bildquelle: HL DentClinic)

Implantate sind teuer und keine Kassenleistung. Mit welcher Kostenhöhe und Kostenkomponenten sollte der Patient bei der digitalen Implantation kalkulieren?

Weder die digitale Planung, noch das Implantat selbst werden von der gesetzlichen Kasse übernommen. Inklusive der Krone, die über das Implantat kommt, kann man bei einem Einzelimplantat schon auf 4.500 bis 5.000 Euro kommen. Das Einzelimplantat ist immer das teuerste, werden mehr Implantate gesetzt, kann es günstiger werden. Das einzige, was die gesetzliche Kasse übernimmt, ist ein winziger Teil der Krone.  Da helfen nur Zusatzversicherungen oder private Versicherungen.

Gibt es Kostendifferenzen bei der Materialwahl?

Ja, es gibt Kostenunterschiede. Keramikimplantate sind immer viel teurer, als Titanimplantate. Wir arbeiten state-of-the-art, das bedeutet erstens nur mit verschraubten Konstruktionen, damit es keine Zementreste gibt und zweitens mit keramikverblendeten Zirkonkronen, damit die Schleimhäute freundlich behandelt werden. Alles andere wäre nicht mehr zeitgemäß. Wir wissen, dass die Schleimhaut eine Affinität für Zirkon vorweist und wir möchten alle Faktoren eliminieren, die später zu einer Periimplantitis (=Entzündung am Zahnimplantat) führen können.

Die Behandlung der Patienten läuft stets schonend und minimal-invasiv ab. (Bildquelle: HL DentClinic)

Welche Möglichkeiten gibt es für Kassenpatienten, die sich diese hochmoderne Behandlung mit entsprechendem Zahnmaterial leisten möchten?

Meine Kassenpatienten habe ich schon vor 15 Jahren sozusagen dazu ermutigt, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um ihnen weitere Optionen zu ermöglichen. Denn mit einer Zahnzusatzversicherung wird hochwertige Zahnmedizin bezahlbar gemacht. Zusätzlich biete ich über die Abrechnungsgesellschaften Ratenzahlungen an. Selbst wenn ein Teil der Rechnung durch die Zusatzversicherung geleistet wird, kann der restliche Eigenanteil des Patienten in monatlichen Raten bezahlt werden. Auf diese Weise kann ich ermöglichen, dass jeder Patient die hochwertige Lösung nehmen kann – ohne, dass es in der eigenen Tasche zu arg weh tut.

Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten (von Branche/Politik/Patienten)? Was würden Sie gerne ändern?

Allemal sollte die Prophylaxe grundsätzlich von der gesetzlichen Kasse übernommen werden. Und insgesamt würde ich das Finanzierungssystem an den heutigen Stand der Zahnmedizin anpassen, und zwar schnellstens. Angefangen von der Prophylaxe bis zu hochwertigen Versorgungen. Denn es gibt eine riesige Diskrepanz zwischen dem, was das Gesetz als normal und zeitgemäß bezuschusst – wie etwa Amalgam-Füllungen – und dem tatsächlichen heutigen Stand der Zahnmedizin.

Sonja Zajontz

Verfasst von Sonja Zajontz
am 13. Juni 2023 unter Zahnärzte stellen sich vor .