Interview mit PD Dr. Dr. Florian Bauer, Miesbach

Wir hatten kürzlich die Gelegenheit, ein spannendes Interview mit Privatdozent Dr. med. Dr. med. dent. Florian Bauer von der MKG Miesbach zu führen. Als angesehener Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie für Plastische Operationen und Oralchirurgie leitet er seit 2017 erfolgreich seine eigene Praxis.

Gemeinsam mit seinem 13-köpfigen Team hat er sich einen herausragenden Ruf in seinem Fachgebiet erarbeitet. Die hochmoderne, voll digitalisierte Überweiserpraxis übernimmt anspruchsvolle Spezialfälle in der Implantologie und Gesichtschirurgie

Besonders bemerkenswert ist seine innovative Behandlungsmethode für Kiefergelenkserkrankungen, das Condyle Harmony Concept®, das Patienten mit Bruxismus aus der gesamten Region und darüber hinaus anzieht. Dr. Bauer hat uns diese Methode ausführlich erklärt, und interessierte Leser werden in diesem Interview alles darüber erfahren.

Herr Dr. Bauer, wie wird man Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurg?

Nach meinem Zahn - und Humanmedizinstudium in München habe ich an der Technischen Universität München eine mehrjährige Facharzt-Ausbildung gemacht. Ich habe dort promoviert und habilitiert und als Oberarzt gearbeitet. Zusätzlich bin ich als Hochschullehrer in der Ausbildung junger Kollegen tätig. Seit 2017 bin ich mit meiner eigenen Praxisklinik in Miesbach niedergelassen.  

Wie ist Ihre Klinik und Ihr Team aufgestellt? 

Die MKG Miesbach habe ich 2017 gegründet. Es handelt sich um eine Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie sowie zahnärztliche Implantologie. Wir sind im Team 3 Behandler und haben zehn nicht-ärztlichen Mitarbeiter. Ich bin also nur eines von vielen Rädchen in der Praxis. Unser Credo lautet, die Patienten sollen sich bei jedem Einzelnen gut aufgehoben fühlen und sehr gute Qualität bekommen. 

Wir sind überwiegend eine so genannte Überweiserpraxis. Überweiserpraxis bedeutet, dass verantwortungsvolle Zahnärzte ihre Patienten für speziellere Behandlungen zu uns schicken. Es handelt sich dabei u.a. um chirurgische Leistungen wie Zähne oder Weisheitszähne ziehen, Zahnwurzeln abschneiden oder Zahnimplantate und vor allem Knochenaufbau. Nach dem Eingriff kehren die Patienten wieder in ihre eigentliche Zahnarztpraxis zurück. 

Dr. Dr. Florian Bauer legt viel Wert auf die Patientenaufklärung (Copyright: MKG Miesbach)

Wie unterscheidet sich eine Überweiserpraxis wie Ihre von einer normalen Zahnarztpraxis, wo ja auch Zähne gezogen werden oder Implantate gesetzt werden können?

Die Zahnmedizin ist ein sehr komplexes Feld. Ich vergleiche es gerne mit Fussball. Hier haben Sie ein Team aus Spezialisten. Nur wenn diese als Team zusammenarbeiten, sind sie erfolgreich. Wenn z.B. der Torwart gleichzeitig auch als Verteidiger, Mittelfeldspieler und Mittelstürmer aktiv werden will, dann geht das mit ziemlicher Sicherheit schief. Übertragen auf die Zahnmedizin heißt das, dass chirurgische Eingriffe auch von Chirurgen durchgeführt werden sollten.

Die ganze Infrastruktur und der ganze Aufwand, den wir in meiner Klinik betreiben, ist um ein Vielfaches höher, als in einer normalen Zahnarztpraxis. Wir haben zum Beispiel viel höhere Hygienestandards. Verantwortungsvolle Zahnärzte schicken ihre Patienten gerne zu uns, weil wir Spezialisten für chirurgische Tätigkeiten sind. Wir haben uns überregional einen sehr guten Ruf erarbeitet, weshalb die Patienten mittlerweile selbst aus München direkt zu uns nach Miesbach kommen.

Der stilvolle Empfangsbereich der MKG Miesbach (Copyright: MKG Miesbach)

Sie haben ein breites Behandlungsangebot. Gibt es Behandlungsfelder, die sich häufen?

Wir sind eine chirurgische Praxis für Zahnimplantate und Kieferknochenaufbau. Darauf liegt unser Fokus und unser Schwerpunkt. Abgesehen davon würde ich sagen, dass das Thema Bruxismus, also Kiefergelenkserkrankungen („craniomandibuläre Dysfunktion“), zunimmt. Für all deren Folgen wie etwa Kopfschmerzen, Migräne, Tinnitus, Zähneknirschen oder Kiefergelenksknacken sind wir eine Spezialpraxis. 

Warum nimmt aus Ihrer Expertensicht Bruxismus zu? 

Letztendlich müssen Sie sich das vorstellen wie mit einem Auto, das 4 Räder hat, wobei ein Rad nicht ganz ausgewuchtet ist. Wenn Sie nur kurz zum Einkaufen fahren, dann bemerken Sie das nicht. Aber wenn Sie auf der Autobahn mit 130 km/h nach Italien in den Urlaub fahren, vibriert das Auto plötzlich. Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe das Gefühl, dass die Menschen aktuell mehr emotionale Belastungen haben und dadurch sich latente Fehlstellungen immer häufiger zeigen oder stärkere Auswirkungen haben.

Werden Patienten auch hierfür überwiesen?

Mittlerweile kommen viele Patienten von selbst zu uns. Manchmal werden sie auch von HNO-Ärzten zu uns überwiesen, besonders wenn der Patient seit Jahren unter Tinnitus leidet und keine Ursache gefunden wurde. Diese Fälle können wir oftmals sehr gut therapieren. Es macht mir persönlich viel Freude, Bruxismus zu behandeln. Es ist einfach großartig, den Patienten in dieser Hinsicht effektiv helfen zu können. 

Wie gehen Sie bei der Behandlung von Bruxismus vor?

Ich habe speziell hierfür das Condyle Harmony Concept® für Beschwerden und Schmerzen etabliert, die möglicherweise vom Kiefergelenk ausgehen. Bei diesem Konzept handelt es sich um eine dreidimensionale Scan-Technologie, die Strukturen im Kiefer sowie das Zusammenspiel von Zähnen und Kiefergelenken exakt darstellt. 

Um der konkreten Ursache von Beschwerden nachzugehen und deren Auslöser zu beheben, wenden wir in unserer Praxis dieses neuartige digitale Messverfahren an. Mit der Methode können wir die Zähne vor Schaden und vor Folgeerkrankungen schützen. Wir sehen darin ganz klar die Zukunft bei der Behandlung von Kiefergelenkserkrankungen.

Dr. Dr. Florian Bauer bei der OP (Copyright: MKG Miesbach)

Wie dürfen wir uns diese digitale Kiefervermessung konkret vorstellen?

Wir vermessen das Kiefergelenk vollelektronisch. Ein Kieferabdruck im herkömmlichen Sinn ist dafür nicht mehr notwendig. Die Untersuchung ist vollkommen strahlungs- und schmerzfrei. Mit ihr können wir in unserer Praxis Fehlstellungen der Kiefergelenke feststellen, indem wir die Relation von Unter- und Oberkiefer sowie tatsächlich den Biss in Bewegung genau vermessen. Außerdem ermitteln wir, wie das ideale harmonische Verhältnis dieser Strukturen aussehen müsste.

Was passiert nach dem digitalen Messverfahren? Wie geht es konkret für den Patienten weiter? 

Auf dieser Grundlage fertigen wir eine optimal passende Schiene an und behandeln so ursächlich vom Kiefergelenk ausgehende Schmerzen und Funktionsstörungen. Außerdem können die ermittelten Daten als Grundlage für die Herstellung eines störungsfreien Zahnersatzes genutzt werden.

Die MKG Miesbach setzt zu 100 Prozent auf die Vorteile der Digitalisierung (Copyright: MKG Miesbach)

Das klingt nach einer langwierigen Prozedur … Wie lange dauert das?

Bei uns steht der Patient immer an erster Stelle. Dank unseres effizienten Therapiekonzepts können wir den Prozess erheblich beschleunigen. Wir vermessen das Kiefergelenk in nur einem einzigen Termin. Wenn alles gut verläuft, können wir die Schiene noch am selben Tag anpassen und einsetzen. Das bedeutet, der Patient kann sofort mit der Therapie beginnen.

Und von welcher Zeitdauer sprechen wir, bis sich das Kiefergelenk in die richtige Richtung bewegt?

Die Schiene ist wie eine Schuheinlage. Sie hilft dabei, die Kieferstellung zu harmonisieren. Der Patient muss die Schiene erstmal so lange tragen, bis er beschwerdefrei ist. Daher kommt auch der Name - Condyle Harmony Concept®. Im Durchschnitt sind das etwa drei bis sechs Monate. Anschließend könnte man die Zahnstellung ändern

Das heißt der nächste Schritt muss immer eine Behandlung der Zähne selbst sein?  

Bleiben wir beim Beispiel des Tisches: Wenn die Holzklötzchen zu niedrig oder zu hoch sind, kann ich das schnell anpassen. Dasselbe gilt für die Schiene. Wenn ein Patient eine Schiene trägt und nach einer gewissen Zeit das Gefühl hat, dass sie perfekt für ihn ist und er sie nicht mehr missen möchte, dann wissen wir: Das ist die optimale Position seines Unterkiefers zum Oberkiefer. Entfernen wir die Schiene, entsteht ein Spalt, den wir durch die Anpassung der Zahnoberflächen ausgleichen. Dies kann beispielsweise durch das Anbringen neuer Kronen erfolgen.

Eines der hochmodernen Behandlungszimmer der MKG Miesbach (Copyright: MKG Miesbach)

Wie darf man das verstehen - die „Zahnstellung ändern“?

Wenn der Abstand zwischen Ober- und Unterkiefer zu gering ist, führt man eine sogenannte „Bisshebung“ durch. Das bedeutet, dass die Zähne höher gemacht werden, um den richtigen Abstand wiederherzustellen und Platz für die Frontzähne zu schaffen.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung unseres Vorgehens: Stellen Sie sich vor, Sie möchten die vier Tischbeine eines Tisches austauschen. Sie können nicht einfach irgendwelche Beine nehmen, sondern müssen zuerst mit einer Wasserwaage sicherstellen, dass die Tischplatte waagerecht ist. In unserem Fall sind wir die Wasserwaage, die prüft, ob der Tisch gerade steht. Zuerst legen wir Holzklötzchen (das entspricht der Schiene) unter die Tischbeine und stellen sicher, dass der Tisch gerade steht. Wenn wir wissen, dass der Tisch gerade ist, können wir die Tischbeine (entspricht den Zähnen) in der richtigen Länge korrigieren.

Im modernen Aufwach- und Ruheraum der MKG Miesbach kann sich der Patient nach der OP erholen (Copyright: MKG Miesbach)

Das klingt nach kostspieligen Zahnbehandlungen. Vor allem, wenn man keine Zahnzusatzversicherung hat…

In vielen Praxen kostet einen Schienentherapie rund 4.000 Euro. Wir sind seit Anfang an eine voll digitalisierte Praxis. Durch die Digitalisierung kann ich die Vermessung zügig am Computer durchführen. Zeit- und kostenintensive Termine zur Schienenanpassung werden für die Patienten überflüssig. Dadurch können wir die normale Therapie schon ab ca. 1.500 Euro anbieten. Aber die Folgekosten unserer Therapie können natürlich erheblich sein. Dafür braucht man als Kassenpatient unbedingt eine Zahnzusatzversicherung.

Die kassenärztliche Grundversorgung ist meist nicht ausreichend für moderne Technologien und Materialien im Zahnbereich. Inwiefern können Kassenpatienten ebenso von diesen neuesten Entwicklungen profitieren?

Wir machen keinen Unterschied zwischen Privat- und Kassenpatienten, alle werden gleichermaßen gut behandelt. Allerdings müssen Kassenpatienten für Privatleistungen selbst aufkommen. Die gesetzliche Krankenkasse deckt leider nur einen geringen Teil der Kosten für Zahnbehandlungen ab, den Großteil muss der Patient selbst tragen.

Sind denn die meisten Patienten hinsichtlich Zahnzusatzversicherungen schon aufgeklärt?

Hier besteht definitiv noch Aufklärungsbedarf. Viele Patienten haben keine Zahnzusatzversicherung und glauben, dass sie nach dem Verlust eines Zahns keine Zusatzversicherung mehr abschließen können. Es herrscht oft Unklarheit über Wartezeiten oder ob es überhaupt noch möglich ist, eine Versicherung abzuschließen, wenn der Zahn bereits fehlt.

Ich empfehle Patienten, die keine Zahnzusatzversicherung haben, eine abzuschließen, besonders wenn sie über ein Zahnimplantat nachdenken. Obwohl ich den Patienten keine direkten Ratschläge geben darf, werden wir dennoch häufig zu diesem Thema befragt. Der Bedarf an Informationen und Beratung zu Zahnzusatzversicherungen ist definitiv vorhanden und von großer Bedeutung.

Was würden Sie sich von der Politik / Branche / Patienten wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?

Ich wünsche mir einfach bessere politische Rahmenbedingungen und eine faire Anpassung des Punktesystems im Privatkassensystem. Neulich habe ich eine 25 Jahre alte Rechnung für das Ziehen von Weisheitszähnen gesehen, und der GOZ-Betrag (Gebührenordnung für Zahnärzte) war exakt derselbe wie heute. Wir befinden uns immer noch auf dem Stand von 1988.

Die Punktwerte und damit die Vergütung reflektieren nicht mehr die aktuellen Kosten und den Aufwand der modernen Zahnmedizin. Eine Reform ist aus meiner Sicht dringend notwendig, um sowohl die Möglichkeiten der Zahnmedizin für moderne Behandlungstechnologien, als auch der Patienten besser zu berücksichtigen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Privatdozent Dr. Dr. Bauer.

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Sonja Zajontz

Verfasst von Sonja Zajontz
am 26. August 2024 unter Zahnärzte stellen sich vor .