Anka Ulrich, Zahnmedizinische Verwaltungsassistentin bei KU64 Berlin

Anka Ulrich, Zahnmedizinische Verwaltungsassistentin (ZMV) in der Praxis KU64 Berlin, stellt uns die vielen Facetten der Kieferorthopädie aus der Sicht der Abrechnungsabteilung vor. Seit 24 Jahren arbeitet Anka Ulrich in verschiedenen Tätigkeitsfeldern rund um Zähne und Zahnspangen. Seit über 12 Jahren ist sie in der Abrechnungsabteilung für Kieferorthopädie bei KU64 tätig. Sie sagt: Eltern, deren Kinder eine Zahnspange benötigen, haben viele Fragen.

Frau Ulrich, Zahnspangen sind inzwischen weit verbreitet. Ist die Ästhetik der Zähne das A und O für unsere heutige Gesellschaft?

Zahnspangen dienen nicht in erster Linie der Ästhetik. Aus dem Blickwinkel des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie steht die richtige Zahnstellung und die Funktion im Vordergrund. Vorrangiges Ziel einer Zahnspange ist immer die Biss- und Zahnfehlstellungskorrektur. Dass die Zähne am Ende toll aussehen, ist ein angenehmer Nebeneffekt.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Probleme, die mit einer Zahnspange gelöst werden können?

Die große Berliner Praxis KU64 bietet modernste Behandlungsmethoden in der Kieferorthopädie und Kinderzahnheilkunde (Fotocredit: KU64.de / Axel Kammann)

Kieferfehlentwicklungen und Zahnfehlstellungen sind bei vielen Kindern keine Seltenheit. Häufig liegt zum Beispiel bei kleinen Kindern mit Milchzähnen das Problem des einseitigen Kreuzbisses vor. Das kann bedeuten, dass die Zähne des Unterkiefers an einer Seite ein Stück weiter nach vorne ragen, als die des Oberkiefers. Wenn diese Kinder ständig schief beißen, wird das Kiefergelenk einseitig belastet. Da sich die Kinder noch in der Wachstumsphase befinden, könnte das eine Schiefstellung des gesamten Körpers zur Folge haben. Unbehandelt führt dies im Erwachsenenalter oftmals zu CMD (Craniomandibuläre Dysfunktion).

Eine weitere häufige Fehlstellung bei kleinen Kindern ist ein sog. offener Biss. Ein offener Biss bedeutet, dass die Schneidezähne des Ober- und Unterkiefers nicht aufeinandertreffen. Das Kind kann nicht richtig zubeißen. Um spätere Folgen, wie Kauprobleme, Schluckbeschwerden oder Lispeln zu vermeiden, sollte zwingend eine kieferorthopädische Therapie erfolgen. Parallel erfolgt meist noch eine Behandlung beim Logopäden. 

Beobachten Sie negative Trends in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten?

Wir haben tatsächlich immer mehr erwachsene Patienten mit CMD Problemen. Das kann mit Stress im Job oder im Privaten zu tun haben. Oft haben diese Patienten als Kind keine Spange getragen. Wenn ein schiefer Biss vorliegt und sie nachts mit ihren Zähnen knirschen, erhöht sich einseitig der Druck auf das Kiefergelenk. Das kann zu massiven Problemen im gesamten Körper führen. Sehr häufig entwickelt sich zum Beispiel ein Tinnitus. Durch eine kieferorthopädische Behandlung kann man diese Fehlstellung regulieren und korrigieren. 

Bleiben wir bei den Kindern. Mein persönlicher Eindruck ist, dass man immer mehr Kinder und Jugendliche mit Zahnspange sieht oder täusche ich mich?

Im Vergleich zu früher liegt der Fokus unserer heutigen Gesellschaft viel mehr auf dem Thema Gesundheit. Dazu gehört auch die Kieferorthopädie und gerade Zähne. Für die jetzige Generation ist es ganz normalzum Kieferorthopäden zu gehen. Das gehört mittlerweile dazu, wie der regelmäßige Gang zum Kinderarzt oder zum Zahnarzt. Deswegen werden heutzutage natürlich auch mehr Kieferprobleme aufgedeckt.

Fotocredit: Petros Prontis / KU64

KU64 Maskottchen

Das Maskottchen der Kinderzahnheilkunde von KU64 Berlin

Fotocredit: Petros Prontis / KU64

KIG-Expertin Anka Ulrich

ZMV Anka Ulrich berät und betreut Eltern und Patienten rund um die KIG Einstufung und Abrechnung

Fotocredit: Test-Zahnzusatzversicherung

Zahnspangen sind im Trend

Der Gang zum Kieferorthopäden ist für Kinder und Jugendliche heutzutage ganz normal

Das belastet den Geldbeutel vieler Familien. Haben sich denn die Leistungen der gesetzlichen Kassen in den KIG Stufen positiv entwickelt?

Nein, leider nicht. Beim Abrechnungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen hat sich seit der KIG Einstufung Einführung 2003 durch den Gesetzgeber nichts verändert. Und da die gesetzlichen Kassen befürchten, dass künftig jedes zweite Kind kieferorthopädisch behandelt werden muss, rechne ich nicht mit einer Leistungserhöhung.

Im Gegenteil – ganz häufig überprüfen Gutachter der Krankenkasse die Berechtigung für eine KIG-Stufe oder stellen die Laborkosten infrage, die sich definitiv erhöht haben. Im Endeffekt wird inzwischen eher weniger bezahlt, würde ich sagen. Wie allgemein im Gesundheitswesen für jeden gesetzlich versicherten Patienten deutlich spürbar, muss oft privat zugezahlt werden.

Bedeutet dies, die Eltern greifen immer häufiger tief in die Tasche?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Wenn ein Kind in KIG 1 oder 2 liegt, dann besteht für die Eltern nur die Möglichkeit, dies privat zu bezahlen. Wenn sie frühzeitig genug eine Zahnzusatzversicherung für Kinder abgeschlossen haben, bekommen sie so und so viel Prozent der Rechnungen erstattet und den Rest bezahlen sie selbst. Je nach Versicherung und abgeschlossenem Tarif.

Wenn das Kind in die Richtlinien KIG 3 bis 5 fällt, bekommen die Eltern 80 Prozent der Rechnungen von der gesetzlichen Kasse erstattet. Ihre Grundversorgung ist dadurch abgedeckt. 20 Prozent zahlen die Eltern zunächst selbst. Die Versicherungen wollen, dass die Eltern und Patienten mitarbeiten. Deshalb strecken sie das Geld nur vor und nach erfolgreicher Behandlung des Kindes, erhalten sie den Eigenanteil zurück. Wenn die Behandlung zwischenzeitlich abgebrochen wird, teilt der Behandler dies der Kasse mit. Dann verlieren die Eltern ihren Eigenanteil, er wird nicht zurück erstattet.

Fotocredit: KU64.de / Axel Kammann

Kreativer Kinderwartebereich

Kinder haben bei KU64 einen eigenen Wartebereich

Fotocredit: KU64

Aquarium des Kinderwartebereichs

Bei KU64 werden die kleinen Patienten mit allen Sinnen angesprochen

Fotocredit: KU64.de / Axel Kammann

Individuelle Behandlungsräume

Jedes KU64 Behandlungszimmer hat ein eigenes, stimmiges Design

Welche modernen Zusatzleistungen gibt es, die über die Standardbehandlung der Kassen hinausgehen?

Zunächst mal muss jeder Kieferorthopäde dem Patienten die Wahl zwischen einer Standard Kassenbehandlung und einer Behandlung mit Mehrkosten geben. Das darf den Patienten oder Eltern nicht aufgezwungen werden. Jeder Patient hat Anspruch auf eine rein gesetzliche Behandlung. Alles, was über die Standardbehandlung hinaus geht, sind die so genannten Mehrkosten oder außervertraglichen Leistungen (AVL). Diese müssen natürlich aus eigener Tasche bezahlt werden oder sind über eine gute Zusatzversicherung abgedeckt

Bitte erklären Sie den genauen Unterschied zwischen Mehrkosten und außervertraglichen Leistungen!

Mehrkosten sind die Leistungen, die im Gebührenkatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgelistet sind, aber nur teilweise von der Kasse bezahlt werden. Bei Leistungen mit Mehrkosten ziehe ich immer den Anteil von der Rechnung ab, der von den Krankenkassen übernommen wird. Außervertragliche Leistungen (AVL) sind dagegen nicht im Gebührenkatalog der Krankenkassen gelistet. Ein Beispiel für eine AVL ist eine Kiefergelenksuntersuchung. Diese Kosten darf ich bei der gesetzlichen Kasse nicht ansetzen. Alles, was außerhalb des Gebührenkatalogs ist, sind rein private Leistungen. 

Bitte zeigen Sie den Unterschied zwischen einer Kassenleistung und einer Leistung mit Mehrkosten anhand eines Beispiels auf!

Eine Zahnspange soll vor allem funktionelle Probleme lösen (Fotocredit: Test-Zahnzusatzversicherung)

Nehmen wir zum Beispiel die Brackets einer festen Spange. Ein Beispiel für Mehrkosten sind Mini-Brackets. Die funktionieren genauso wie die normale Kassenvariante, nur dass sie eben kleiner sind. Genauso wie die Kassenvariante, werden sie mit Gummis befestigt. Diese Gummis halten den Bogen der Spange und machen ihn ganz fest.

In diesem Beispiel wären selbstligierende Bracketsysteme die modernste Variante. Statt Gummis haben sie einen Schiebemechanismus und einen Bogen aus Titan, der von der NASA entwickelt wurde. Der Bogen funktioniert mit Körperwärme. Er möchte immer in seine ursprüngliche, ideale Position zurück. Dabei zieht er die Zähne mit. Im Gegensatz zum Stahldraht der Kassenvariante, ist das eine besonders gewebeschonende Lösung. Diese Bracketsysteme und Varianten mit Bögen sind ebenfalls Mehrkosten. Mehrkosten tragen die Eltern oder sie haben eine gute Zahnzusatzversicherung.

Die Zusatzversicherung greift in der Regel nur, wenn die kieferorthopädische Behandlung noch nicht angeraten war…

Vollkommen richtig. Bei der kieferorthopädische Erstuntersuchung namens „01K“ wird überprüft, ob das Kind in die KIG Einstufung hineinfällt oder nicht. Wenn diese Untersuchung erbracht wurde, ist alles dokumentiert. Man muss sich halt früh genug überlegenwas man später möchte oder benötigt. Wir haben zum Beispiel ganz häufig Kinder mit Nichtanlagen d.h. dass bestimmte Zähne genetisch nicht angelegt wurden. Da weiß man, dass das Kind später einen Zahnersatz oder ein Implantat braucht. Eine Zahnzusatzversicherung ist hier empfehlenswert.

Welche Behandlungen, die durch eine Zahnzusatzversicherung abgedeckt sind, halten Sie für besonders sinnvoll?

Wie bereits erwähnt, ist eine Kiefergelenksuntersuchung empfehlenswert. Ebenso raten wir den Eltern immer zu einer Bracketumfeldversiegelung, bevor die Spange angebracht wird. Das ist auch eine außervertragliche Leistung. Beim Anbringen der Brackets können nämlich Nischen entstehen, wo sich Plaque gut festsetzen kann. Das Versiegelungsmaterial verhindert das. Wenn der junge Patient also Phasen hat, in denen er nicht so gut putzt, ist eine Art Schutzschild vorhanden, wodurch sich Plaque nicht festsetzen kann. Wenn der Patient zusätzlich ordentlich putzt, sieht hinterher niemand, dass er eine Zahnspange hatte. Unserer Erfahrung nach, übernehmen Zahnzusatzversicherungen diese Leistung ganz regulär. 

Welche Leistung ist aus Ihrer Sicht empfehlenswert nach Beendigung der Therapie?

Die Retentionszeit ist sehr wichtig in der Kieferorthopädie. Das ist die Stabilisierungszeit, die nach festen Zahnspangen erfolgt. Damit das schöne Ergebnis erhalten bleibt, müssen die Patienten nachts weiterhin eine herausnehmbare Spange tragen. Die Frist der gesetzlichen Krankenkassen ist hierfür zwei Jahre. In diesem Zuge werden gerne Lingualretainer als Zusatzleistung in der Mehrkosten bzw. AVL-Vereinbarung in Anspruch genommen. Das ist eine zusätzliche Stabilisierung für die Frontzähne. Die Hightech-Variante davon ist ein Laser Retainer, also ein kleiner Draht der aus einem Stück gefräst und gelasert wird. Das ist eine außervertragliche Leistung. Die Nachtspange oder Nachtschiene muss aber trotzdem noch getragen werden. 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Ulrich.

Jetzt vergleichen und die beste Zusatzversicherung für Kieferorthopädie finden

Nur eingeben und
Sonja Zajontz

Verfasst von Sonja Zajontz
am 12. Mai 2022 unter Zahnärzte stellen sich vor .